Eine Erbschaft ist als Einkommen bei der Bemessung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II anzurechnen, wenn die Erbschaft nach Antragstellung anfällt.
Diese Entscheidung traf das Bundessozialgericht (BSZ) in einem entsprechenden Fall. Die Erbschaft wird daher voll mit dem Arbeitslosengeld II, das sog. Hartz IV, verrechnet. Grund genug, durch ein notarielles Testament rechtzeitig Vorsorge zu treffen, wenn die eigenen Erben bereits Bezieher von derartigen Sozialleistungen sind. Eine besondere Gestaltung und juristische Beratung bei der Testamentserrichtung ist angezeigt, wenn die Erben aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung oder – wie in dem der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Fall – Arbeitslosigkeit auf Sozialleistungen angewiesen sind. „Zwar können auch diese Personen ohne Weiteres Erben werden“, sagt Daniel Wassmann, Geschäftsführer der Notarkammer Pfalz, „doch kommt dann der Nachlass nicht ihnen, sondern letztlich der Staatskasse zugute.“ Denn im Sozialrecht gilt der sog. Nachranggrundsatz. Dieser bedeutet, dass Sozialleistungen nur dann gewährt werden, wenn der Anspruchsteller seinen Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft, also durch eigenes Vermögen oder Einkommen, bestreiten kann.
Eigenes Einkommen ist dabei grundsätzlich in vollem Umfang auf die beantragten Sozialleistungen anzurechnen. Beim Vermögen wird hingegen zwischen sog. Schonvermögen, wie z.B. einer angemessenen, selbstgenutzten Immobilie oder Vermögen zum Aufbau einer angemessenen Alterssicherung, und dem sonstigen, anrechnungspflichtigen Vermögen unterschieden. „Die durch das BSG vorgenommene Einordnung einer Erbschaft als Einkommen führt also dazu, dass die Verschonungsvorschriften für bestimmte Vermögensarten keine Anwendung finden und die Erbschaft komplett auf die Sozialleistungen anzurechnen ist“, gibt Wassmann zu bedenken. Eine Enterbung des Beziehers von Sozialleistungen ist hierbei auch keine geeignete Lösung. Denn diesem stehen, wenn es sich um ein Kind des Erblassers handelt, Pflichtteilsansprüche zu, die der Sozialleistungsträger auf sich überleiten und damit geltend machen kann. Zwar ist es auch möglich, einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag zu schließen. Doch ist noch nicht sicher abzusehen, ob ein solcher Vertrag in allen Fällen vor Gericht Bestand hätte oder als sittenwidrig verworfen würde. Hinzu tritt, dass häufig die vollständige Enterbung und der Pflichtteilsverzicht des hilfebedürftigen Kindes weder dem Willen des Erblassers noch dem Wunsch des Kindes entsprechen dürften.
Hinweis: „Es gibt verschiedene Wege, die Ziele des Erblassers mit der sozialrechtlichen Problematik in Einklang zu bringen. Die in diesem Zusammenhang häufig erwähnte Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft mit gleichzeitiger Testamentsvollstreckung ist nur eine dieser Möglichkeiten“, erläutert Wassmann. „Der mit der Testamentsgestaltung beauftragte Notar muss daher stets den konkreten Einzelfall mit allen seinen Facetten betrachten und im Gespräch mit den Beteiligten eine maßgeschneiderte Lösung erarbeiten“ (BSG, B 14 AS 101/11 R).